Jury: "Keine deutschsprachige Autorin hat so viel von sich reden gemacht"
Die Schriftstellerin Juli Zeh wird mit dem Heinrich-Böll-Preis 2019 der Stadt Köln ausgezeichnet. Eine Jury unter dem Vorsitz von Oberbürgermeisterin Henriette Reker entschied sich am 31. Mai 2019 für die gebürtige Bonnerin. Die Begründung lautet:
Juli Zeh gehört zu den Schriftstellerinnen, die einen der ersten Plätze in der deutschen Gegenwartsliteratur für sich in Anspruch nehmen dürfen. Wohl keine deutschsprachige Autorin hat in der vergangenen Zeit so viel von sich reden gemacht wie Juli Zeh. Sie bewegt sich in ihren Schriften im Grenzbereich von Literatur und Politik, im Grenzbereich von Dichtung und Wahrheit, Dichtung und Realität. Die nie dominierende Politik durchdringt die Prosa selbst dort, wo kein politisches Wort fällt. Keines ihrer Bücher kennt den pädagogisierenden Zeigefinger. Ihre Veröffentlichungen sind voller Botschaften wie dem Antagonismus von Chaos und Ordnung, der Frage nach einer neuen Moral angesichts bedeutungslos gewordener Werte und einer starken Tendenz einer überzogenen Individualisierung in der säkularisierten Gesellschaft – zu Lasten des Gemeinwohls.
Zu einigen ihrer Bücher: Ihr Buch 'Adler und Engel', übersetzt in 35 Sprachen, thematisiert das Völkerrecht und seine zunehmende Wirkungslosigkeit. Ihr Buch 'Spieltrieb' versucht eine Antwort auf die alte Frage von Recht und Gerechtigkeit. 'Die Stille ist ein Geräusch': eine eindrucksvolle Klage der ausgewiesenen Juristin und seit einem Jahr obersten Richterin am Verfassungsgericht Brandenburg – auch gegen das Wegsehen Europas in den vergangenen Jugoslawienkriegen. Ihr Buch 'Corpus Delicti' ist die schriftstellerische und ethische Auseinandersetzung mit staatlicher Bevormundung. Beeindruckend auch ihr Werk 'Unterleuten', ein großer Gesellschaftsroman, der als Schauplatz nicht mehr benutzt als das gleichnamige Dörfchen im Brandenburgischen. Ein besonders starkes Buch ist ihr letzter Roman 'Neujahr', für viele gar ihr bester Roman: Die individuelle Überforderung im Kontext von Gleichberechtigung.
Die Entscheidung der Jury, Juli Zeh den Heinrich-Böll-Preis zu verleihen, ehrt auf ihre Weise den Namensschöpfer des Preises, die Stadt Köln – und besonders Juli Zeh. Köln beglückwünscht Juli Zeh zu dieser großen Ehrung.
Oberbürgermeisterin Henriette Reker informierte Juli Zeh telefonisch über die Entscheidung der Jury. Die Schriftstellerin zeigte sich hocherfreut über die Auszeichnung. Den mit 30.000 Euro dotierten Preis wird sie am Freitag, 8. November 2019, um 18.30 Uhr im Historischen Rathaus der Stadt Köln entgegennehmen.
Der Jury gehörten neben Oberbürgermeisterin Henriette Reker als Vorsitzende Vertreter aus Rat und Verwaltung an und als Fachjuroren Professor Dr. Christof Hamann, Guy Helminger, Eva Menasse, Andreas Platthaus und Ilija Trojanow.