Anzeige erstatten Konkrete Tipps Hilfe und Beratung
Diskriminierung, Belästigungen, Beleidigungen und Gewalt gegen Menschen aus den LSBTIQ*-Communities – also gegen Menschen, die sich als lesbisch, schwul, bisexuell, trans- oder intergeschlechtlich oder queer identifizieren – gehören leider immer noch zum Alltag. Das Dunkelfeld der Straftaten in diesem Bereich ist dabei überdurchschnittlich hoch. Beides muss sich ändern und dafür setzen wir uns ein.
Diese Seite möchte dich ermutigen, Anzeige zu erstatten, wenn du von LSBTIQ*-feindlicher Gewalt betroffen bist oder Zeug*in einer entsprechenden Tat wurdest.
Hier bekommst du konkrete Tipps, Infos und Links, die dir dabei helfen.
Queerfeindlichkeit geht uns alle an
Queerfeindlichkeit gefährdet nicht nur die Betroffenen, sondern auch unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt. Deswegen richtet sich diese Initiative an alle Menschen, nicht nur die LSBTIQ*-Communities. Dazu gehört zum einen beherztes Eingreifen in entsprechenden Situationen, aber auch, queerfeindliche Gewalt und Hass zur Anzeige zu bringen, wenn du sie beobachtet hast.
Mit unserer Initiative möchten wir alle Menschen motivieren, die LSBTIQ*-Communities zu unterstützen.
Was bedeutet Queerfeindlichkeit?
Unter Queerfeindlichkeit verstehen wir Vorurteile oder Hass gegen LSBTIQ*-Personen. Sie zeigt sich in Form von Diskriminierung, Ablehnung, Belästigung oder Gewalt und verletzt die Rechte und Würde der betroffenen Menschen. Häufig sind Personen auch wegen mehrerer Eigenschaften oder Merkmale von Diskriminierung bedroht, dann sprechen wir von Mehrfachdiskriminierung oder auch Intersektionalität.
Hasskriminalität ist dabei ein Oberbegriff für politisch motivierte Straftaten beziehungsweise politisch motivierte Kriminalität (PMK).
Konkrete Tipps
Du wurdest belästigt, beleidigt, bedroht oder angegriffen oder hast eine entsprechende Straftat beobachtet? Wenn du oder jemand, den du kennst, von LSBTIQ*-feindlicher Gewalt betroffen ist, ist es wichtig, sofort zu handeln.
Hier eine Schritt-für-Schritt-Anleitung:
- Den Notdienst anrufen
Wenn es sich um einen Notfall handelt, wähle die 110 für die Polizei oder die 112 für einen Krankenwagen. Sicherheit ist die oberste Priorität. - Eine*n Ärzt*in aufsuchen
Bei körperlichen Verletzungen solltest du sofort medizinische Hilfe suchen. Mache Fotos von allen sichtbaren Verletzungen des Angriffs und bitte um einen medizinischen Bericht, der alle Verletzungen dokumentiert. Das sind wichtige Beweismittel, wenn du dich entscheiden solltest, den Vorfall anzuzeigen. - Einen Bericht schreiben
Schreibe zeitnah alle Details des Vorfalls auf – einschließlich aller Aussagen, die während des Vorfalls gemacht wurden. Notiere auch die Namen oder Beschreibungen von Zeug*innen. Das wird dir helfen, dich an wichtige Details zu erinnern, wenn du den Vorfall anzeigen möchtest. - Beweise sammeln
Bewahre alles, was du aufgeschrieben, gesammelt oder zusammengetragen hast an einem sicheren Ort auf. Dazu gehören Notizen, medizinische Berichte, Fotos und Gegenstände, die bei dem Angriff verwendet wurden. Diese Beweise sind wichtig, wenn du den Vorfall anzeigen möchtest. - Emotionale Unterstützung suchen
Nach dem Vorfall können unterschiedlichste Emotionen auf dich zukommen – es ist wichtig, eine Person zu haben, die dann für dich da ist. Du kannst dich auch bei einem Hilfetelefon melden, zum Beispiel bei der Telefonseelsorge unter 0800 / 1110-111 oder 0800 / 1110-222. - Professionelle Hilfe in Anspruch nehmen
Nach dem Opferentschädigungsgesetz hast du bei körperlicher Gewalt Anspruch auf Sitzungen in der Trauma-Ambulanz. Du kannst dir außerdem auch bei niedergelassenen Therapeut*innen Unterstützung suchen oder Beratungsstellen anfragen. - Den Vorfall anzeigen
Wenn du Anzeige erstatten möchtest, ist eine Sachverhaltsaufnahme bei einer Ermittlungsbehörde wie Polizei oder Staatsanwaltschaft erforderlich. Dies geht auch schriftlich. Sofern du die Täter*innen nicht kennst, sind dann Ermittlungen notwendig, um sie zu identifizieren. Wenn du dich nicht traust, allein Anzeige zu erstatten, bitte jemanden, dich zu begleiten, oder reiche die Anzeige online ein. Eine Anzeige ist ein wirksames Mittel, sich gegen Gewalt gegen LSBTIQ*-Personen zu wehren.
Hier findest du weitere Hilfe
Warum ist es wichtig, Anzeige zu erstatten?
Du denkst, dass eine Anzeige nichts bringt? Dass du nicht ernst genommen wirst oder dir niemand glaubt, weil du keine Zeug*innen hast oder den*die Täter*in nicht beschreiben kannst? Das stimmt nicht.
- Nur, wenn die Polizei von der Straftat weiß, kann sie ermitteln oder andere Maßnahmen ergreifen.
- Oft handelt es sich um Wiederholungstäter*innen, die sich durch mehrfache Anzeigen identifizieren lassen.
- Jede angezeigte Straftat ist relevant für die Statistik – und die ist wiederum die Basis für die Planung weiterer Maßnahmen. Gleichzeitig stärken diese Zahlen das Bewusstsein für Queerfeindlichkeit in der Mehrheitsgesellschaft.
- Mit deiner Anzeige wirst du gegen die Täter*innen aktiv – und unterstützt gleichzeitig die LSBTIQ*-Communities.
Was ist strafrechtlich relevant?
Körperliche Gewalt, das Bewerfen mit Gegenständen, Anspucken und andere körperliche Attacken sind definitiv Straftaten. Aber auch verletzende Beleidigungen und Pöbeleien können eine Straftat sein. Ebenso können auch Taten, die nicht unmittelbar gegen eine Person, sondern gegen eine Institution oder Sache verübt werden, wie Vandalismus oder Sachbeschädigung, strafrechtlich relevant sein.
Wann, wie und wo kannst du Anzeige erstatten?
- Wichtig: Bei akuter Bedrohung den Notruf 110 wählen.
- Eine Strafanzeige solltest du so schnell wie möglich erstatten. Sie kann aber auch noch Tage, Wochen und Monate nach einer Straftat erfolgen. Bitte beachte jedoch, dass viele Straftaten in diesem Bereich Antragsdelikte sind, bei denen innerhalb von drei Monaten ein schriftlicher Strafantrag bei der Polizei oder der Staatsanwaltschaft vorliegen muss.
- Deine Anzeige nimmt jede Polizeidienststelle entgegen. Dafür werden deine vollständigen Personalien benötigt. Du kannst dich dabei von einer Vertrauensperson begleiten lassen.
- Bei der Anzeigenerstattung wirst du nach Name, Geburtstag, Geburtsort, deiner Wohnanschrift und deiner Tätigkeit gefragt. Wenn du vermeiden möchtest, dass die beschuldigte Person deine Adresse herausfindet, gibt es die Möglichkeit alternativ die Adresse eines*einer Anwält*in oder einer Opferhilfeeinrichtung anzugeben. Wichtig ist, dass du jederzeit von der Polizei und der Justiz über diese Adresse geladen werden kannst.
- Du kannst auch das Online-Anzeigenformular der Polizei nutzen.
- Wenn du über den Ausgang deiner Anzeige informiert werden möchtest, solltest du das direkt mitangeben.
Was passiert nach einer Strafanzeige?
Das Teilen deiner Erfahrung kostet oft Überwindung. Und auch ein möglicher Strafprozess kann belastend sein. Wir möchten, dass du weißt, was auf dich zukommt.
- Die Bearbeitung von Anzeigen gegen LSBTIQ*-Hasskriminalität erfolgt in der Regel beim Staatsschutz – hier gibt es speziell geschulte Menschen.
- Du erhältst ein Aktenzeichen, mit dem du dich jederzeit über den aktuellen Stand informieren kannst.
- Bei Rückfragen zum Sachverhalt wirst du durch die Polizei oder Staatsanwaltschaft kontaktiert, indem du zum Beispiel einen Fragebogen zugeschickt oder eine Vorladung zur Zeugenvernehmung bekommst oder angerufen wirst. Deine weitere Mithilfe ist insbesondere wichtig, um den oder die Täter*innen zu ermitteln. Falls du angegeben hast, dass du den*die Täter*in eventuell wiedererkennen kannst, wirst du gebeten, dir entsprechende Fotos anzusehen.
- Es folgen weitere Ermittlungen, Beweiserhebung und -sicherung und gegebenenfalls weitere Zeug*innen-Vernehmungen.
- Werden keine Beschuldigten ermittelt, stellt die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren vorläufig ein, bis sich neue Ermittlungsansätze ergeben oder Tatverdächtige bekannt werden. Das Verfahren kann auch eingestellt werden, wenn binnen einer gesetzten Frist Auflagen wie zum Beispiel ein Täter-Opfer-Ausgleich erfüllt werden.
- Kommt es zu einem Strafprozess, kann das eine stressreiche Situation sein. Insbesondere im Gerichtsverfahren kann es zu Zeugenvernehmungen und gegebenenfalls einem Wiedertreffen mit dem oder der Täter*in kommen.
- Während des gesamten Prozesses müssen Polizei, Staatsanwaltschaft und Gericht bei den Ermittlungen und der Beweisaufnahme auf die Schutzbedürftigkeit von Betroffenen besondere Rücksicht nehmen. Du kannst auch eine*n Opferanwält*in als Unterstützung und zur Sicherstellung deiner Opferrechte kontaktieren. Die Anwält*innen sollten eine Spezialisierung im Opferrecht und/oder im Straf- und Verfahrensrecht haben. Beratungsstellen können dir hier Hinweise geben.
Wo findest du weitere Hilfe und Beratung?
Opferschutzportal Nordrhein-Westfalen
Hier findest du passende Beratungs- und Unterstützungsangebote in deiner Nähe oder im Netz:
Melde- und Informationsstelle Queerfeindlichkeit Nordrhein-Westfalen (MIQ NRW)
Ab 2025 wird es eine Zentrale Melde- und Informationsstelle Queerfeindlichkeit in NRW geben. Hier kannst du auch Vorfälle oder Übergriffe melden, die nicht strafanzeigefähig sind, oder die du nicht zur Anzeige bringen möchtest. So werden auch diese statistisch erfasst.
Auskunft bei der Polizei Köln (auch bei Fragen zum Strafverfahren):
Ansprechperson LSBTIQ* bei der Polizei
Thorsten Helmers, Kriminalhauptkommissar
Telefon: 0221 / 229-2250
Opferschutz Kriminalität
Telefon: 0221 / 229-8080
Ansprechperson LSBTIQ* bei der Staatsanwaltschaft
Ulf Willuhn, Oberstaatsanwalt
LSBTIQ*-Organisationen und Gruppen
Beratungsangebote
Aidshilfe Köln e. V. anyway e. V. rubicon e. V.Weitere Organisationen und Gruppen, die ebenfalls Mitglied der StadtAG Queerpolitik sind
ColognePride e. V. IG Dyke* March Cologne LSVD NRW e. V. Rheinfetisch e. V. SCHLAU Köln e. V. SC Janus e. V. SOFRA – Queer Migrants e. V. St. Sebastianus und Afra Schützenbrüderschaft Köln von 2012 e. V. TXKöln Völklinger Kreis e. V., Regionalgruppe Köln Wirtegemeinschaft Schaafenstraße e. V. Wirtschaftsweiber e. V., Regionalgruppe NRWUnsere Initiative
Die Queerfeindlichkeit nimmt weltweit zu – selbst in Städten wie Köln, in denen bereits vieles erreicht wurde und in denen sich Menschen aus den LSBTIQ*-Communities wohlfühlen.
Um dieser Entwicklung entgegenzutreten, haben sich auf Initiative der Stadtarbeitsgemeinschaft Queerpolitik mehrere Vereine und Institutionen zu einem breiten Bündnis zusammengeschlossen. Dazu gehören die Stadt Köln, die Polizei Köln und die Staatsanwaltschaft Köln sowie die 15 Mitgliedsorganisationen der StadtAG Queerpolitik und das Queere Netzwerk NRW. Wir wollen Menschen, die Queerfeindlichkeit erlebt haben, darin bestärken, Übergriffe zu melden oder zur Anzeige zu bringen.
Gleichzeitig wollen wir aber auch die Zivilbevölkerung und heteronormative Mehrheitsgesellschaft motivieren, die LSBTIQ*-Communities zu unterstützen. Dies kann nicht nur durch beherztes Eingreifen in entsprechenden Situationen geschehen, sondern auch durch eine Anzeigenstellung, wenn man Zeug*in queerfeindlicher Übergriffe wird.
Eine Anzeige kann den Betroffenen helfen und ist der Start für eine Strafverfolgung. Außerdem werden die Taten nur so statistisch erfasst. Die Statistik ist wichtig, um entsprechende Handlungsempfehlungen abzuleiten und weitere Maßnahmen zu planen.
Unsere Plakate
Hast du Interesse an unseren Kampagne-Postern im DIN A2 Format? Dann melde dich per E-Mail bei uns:
Anzeigen statt Aushalten – Gemeinsam gegen Queerfeindlichkeit
Eine Kooperation von
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(Darstellung in alphabetischer Reihenfolge)
Mit freundlicher Unterstützung von Allround Team GmbH.